Timeline
Introduction
Teil I BLICK AUF DIE GEGENWART
Einführung und Chronologie 1989-heute
Übersicht: Die Unterrichtseinheit behandelt das Thema
Deutschland
und Europa nach dem Ende des Kalten Krieges. Die Bundesrepublik
Deutschland spielte seit der Teilung 1949 eine wichtige Rolle in der
Europäischen Gemeinschaft (EG). Durch seine geographische Lage und
wirtschaftliche Bedeutung wurde es ein einflußreicher
Mitgliedsstaat der EG. Die Materialien des Kapitels spiegeln die Euphorie
aber auch die Apathie einiger EG-Bürger über die geplante
wirtschaftliche, finanzielle, und politische Einheit Europas zur
Europäischen Union. Die Illustrationen am Anfang und Ende des
Kapitels zeigen die geographische und demographische Gliederung des
Kontinents. Die Texte zitieren in- und ausländische Meinungen
über den Bau eines gemeinsamen europäischen Hauses. Das Bild in
der Mitte zeigt eine politische Werbung der deutschen Bundesregierung
für den Start des europäischen Binnenmarkts 1993. Zahlreiche
Übungen vermitteln den Einstieg in die aktuelle
deutsch-europäische Landeskunde der Gegenwart.
Zu den Autoren: Die Idee eines "gemeinsamen" Hauses findet bei den Europäern nicht nur enthusiastische Unterstützung sondern auch Kritik und Ablehnung. Die Absender der Leserbriefe repräsentieren den Pluralismus der Meinungen. Lydia Golianova aus der Slowakischen Republik spricht über regionale Unterschiede, Klaus Borde aus Düsseldorf beschreibt seine Gedanken als Deutscher und Europäer, Andrzej Szczypiorski aus Polen kritisiert die westeuropäische Arroganz, Margarita Mathiopoulos aus Hannover fühlt wenig Optimismus für die Vereinigung Europas, während Victor Hugos historischer Text die Euphorie des "Weltbürgers" im 19. Jahrhundert spiegelt.
Zu den Texten: Die Leserbriefe stammen aus verschiedenen deutschen Zeitschriften und Zeitungen von den Jahren 1991 bis 1993. Sie nehmen Stellung zum Thema der europäischen Vereinigung aus der Perspektive mehrerer Nationen. Man spürt sowohl die Hoffnung und Erwartung auf ein offenes Zusammenleben, aber auch Skepsis über den geplanten Einheitsmarkt und Angst vor dem Verlust der nationalen Eigenheit.
1. Frankreich a. Prager Schinken
2. Deutschland b. Cappuccino
3. die Slowakische Republik c. Sacher Torte
4. die Schweiz d. Emmentaler Käse
5. die Tschechische Republik e. Salami
6. österreich f. Salzburger Nockerl
7. Ungarn g. Knödel
8. Italien h. Baguette (langes Weißbrot)
i. etc.
Übung F. Vokabelübung. Finden Sie in der ersten
Wortliste zu jedem Wort das passende Synonym. Wählen Sie in der
zweiten Wortliste die richtige Übersetzung für jedes deutsche
Wort.
Synonyme
1. die Wohngemeinschaft a. dumm, sinnlos
2. in viele Winkel dieses Erdteils b. streiten, bekriegen,
Krieg machen
3. kämpfen c. weinen, nasse Augen bekommen
4. heulen d. in vielen Teilen, Gebieten oder Regionen der Welt
5. verrückt e. zwei Geschwister, die gleich alt sind
6. die Zwillinge f. mit vielen Formen und Gestalten
7. die Ahnen g. das Haus
8. das Gebäude h. Menschen, die zusammen wohnen
9. vielgestaltig i. die Vorfahren [Eltern, Großeltern,
Urgroßeltern]
10. verwaist j. Beziehungen zu Nachbarn
11. die Nachbarschaftskontakte k. elternlos, ohne Eltern
Übersetzungen
1. der Hurrapatriot a. to create
2. verraten b. to unite
3. die Selbsttäuschung c. to betray
4. erschaffen d. self-deception
5. zusammenschließen e. against each other
6. unverwechselbar f. blind patriot, nationalist
7. gegeneinander g. unmistakable, distinctive
Deutsche ohne Bier? Europa: die Mutter, die sehr viele Kinder hat. Seht, jetzt weint sie. Ihre Kinder kämpfen gegeneinander, wollen nicht mehr zusammen sein. Ist es nicht verrückt? Zur gleichen Zeit ist sie auch glücklich. Europäische Länder kommen in einem Bund zusammen. Am meisten freut sie sich, daß die geteilten deutschen Zwillinge wieder zusammen sind. Aber Achtung, nicht nur Grenzen trennen die Völker, sondern auch Sprache, Glaube, Politik. Muttersprache, Kultur und Tradition sollten bestehen bleiben. Es wäre schade, wenn wir die Eigenheiten unserer Ahnen verlieren würden. Könnt ihr Euch das vorstellen - Slowaken ohne Nocken, Tschechen und Deutsche ohne Bier, Franzosen ohne Wein und Ungarn ohne Wurst? Also ich nicht!
(2) Klaus Borde, deutscher Arbeiter aus Düsseldorf,
geboren 1950.
Wie groß und schön ist Europa, wie vielgestaltig, wie unverwechselbar! Und wie schön ist es, in vielen Winkeln dieses Erdteils Freunde zu entdecken. Aber: Werde ich es schaffen, über meine inneren deutschen Grenzen hinauszudenken? É Ich bin kein Hurrapatriot, aber ich freue mich, wenn Boris Becker oder Steffi Graf im Tennis gewinnen. Bei Fußballweltmeisterschaften und Olympischen Spielen darf der Bessere auch einmal aus Deutschland sein. Damit ich schön heulen kann, wenn die Nationalhymne erklingt.
(3) Andrzej Szczypiorski, polnischer Schriftsteller und
Publizist aus Warschau, geboren 1924.
Kehrt Osteuropa zurück? Wir sprechen und schreiben jetzt sehr viel über die Rückkehr Osteuropas zu Europa. Dies ist meiner Meinung nach eine falsche Bemerkung. Die Osteuropäer - also Polen, Tschechen, Slowaken, Ungarn, und Ostdeutsche - haben Europa nie verlassen. Das ist die Wahrheit. Es ist nicht so, daß wir nach Europa zurückkehren, Europa muß zu uns kommen. Das ist eine moralische, politische und kulturelle Verpflichtung der Westeuropäer. Sie müssen wieder in ihre europäische Heimat zurückfinden! Wir waren immer in Europa. Wir waren verwaist, verletzt, verraten, verlassen, aber trotzdem waren wir Europäer und dachten abendländisch. Deswegen bin ich ein Gegner des Satzes: "Jetzt kehren Polen, die Tschechische Republik, Ungarn usw. nach Europa zurück." Es ist nicht so.
(4) Margarita Mathiopoulos, Bankdirektorin in Hannover,
geboren 1944.
Das Ende eines Mythos. Wir sollten nicht der Selbsttäuschung erliegen, wonach ein Europa von Usbekistan bis Großbritannien zu schaffen wäre. Es wäre wesentlich realistischer, drei europäische Häuser zu errichten: (a) Das transatlantische Gebäude ruht auf den Säulen guter Organisationen wie der Europäischen Gemeinschaft und der NATO. (b) Das ostmitteleuropäische Haus beruht stark auf der traditionellen Zusammenarbeit der ehemaligen sozialistischen Staaten unter Einschluß Albaniens und der Baltischen Republiken. (c) Das dritte europäische Haus, die Gemeinschaft Unäbhängiger Staaten (GUS), bilden die Staaten der ehemaligen Sowjetunion, aber ohne das Baltikum. Es geht darum, zwischen den unterschiedlichen Wohnungen in den drei Häusern vielfältige Nachbarschaftskontakte herzustellen. Sie führen zur Bildung von Wohngemeinschaften und Zusammenarbeit zwischen allen Mietern der drei Häuser.
(5) Victor Hugo, französischer Dichter, Paris 1849.
Ein Tag wird kommen, wo Ihr, Frankreich, Rußland,
Ihr, Italien, England, Deutschland, all Ihr Nationen des Kontinents ohne
die besonderen Eigenheiten Eurer ruhmreichen Individualität
einzubüßen, Euch eng zu einer höheren Gemeinschaft
zusammenschließen und die große europäische Bruderschaft
begründen werdet. Genauso, wie die Normandie, die Bretagne,
Lothringen, Elsaß und all unsere Provinzen sich zu Frankreich
verschmolzen haben.
Quellen: Klaus Borde, Aber ein bißchen stolzÉ, PZ, Nr. 71 (Dezember 1992), S. 14; Lydia Golianova, Juma, 1/93, S. S. 27; Dr. Margarita Mathiopoulos, Die Welt, 22. Mai 1993, S. 5. Andrzej Szczypiorski, PZ, Nr. 71 (Dezember 1992), S. 22;
1. Wer sind Boris Becker und Steffi Graf? Was wissen Sie über
die beiden?
2. Was für Berufe haben die fünf Autoren?
(1) __________ (2) __________ (3) __________ (4)
__________ (5) __________
3. Mit welchen vier Adjektiven beschreibt Klaus Borde Europa?
(1) __________ (2) __________ (3) __________ (4) __________
4. Welche "drei europäischen Häuser" beschreibt
Mathiopoulos? Wer wohnt wo?
(1) __________ (2) __________ (3) __________
5. Womit vergleicht Lydia Golianova Europa und seine Länder?
6. Womit vergleicht Lydia Golianova das vereinte Deutschland (nach 1990)?
7. Was nennt Andrzej Szczypiorski eine moralische Verpflichtung der
Westeuropäer?
8. Womit vergleicht Hugo die Verschmelzung Europas zu einer
höheren Bruderschaft?
Übung. Diskussion: Eurofrust und Eurovision
1. Lydia Golianova spricht über zwei gegenteilige Trends im
Europa der 90er Jahre: Vereinigung und Zerfall. Welche Staaten sind in
kleinere Staaten zerfallen? Welche Staaten wollen in die Europäische
Gemeinschaft?
2. Welche Autoren, glauben Sie, empfinden viel "Eurofrust"? Wer hat
die größte "Eurovision"?
3. Was kritisiert der Pole Szczypiorski an den Westeuropäern?
Finden Sie diese Kritik richtig oder nicht?
4. Was halten Sie über die Idee von "drei europäischen
Häusern"? Finden Sie das realistisch, pessimistisch, idealistisch,
gut?
Übung. Schriftliche Übungen.
Wählen Sie ein Thema.
1. Schreiben Sie einen Aufsatz zum Thema: "Damit ich schön
heulen kann, wenn die Nationalhymne erklingt" - patriotisch oder
pathologisch?
2. Sie sind Zeitungsredakteur. Schreiben Sie eine kommentierende
Einführung zu einem der fünf Leserbriefe.
3. Schreiben Sie einen Antwortbrief an den Verfasser eines
Leserbriefs. Beginnen Sie Ihren Antwortbrief mit: "Sehr geehrter Herr É",
"Sehr geehrte Frau É"